Die Georgia stirbt einen langsamen Tod. Der 20.000 Tonnen schwere Koloss kreuzte einst über die Weltmeere, jetzt liegt der Frachter wie ein gestrandeter Wal am Ufer von Alang. Funken sprühen aus seinem Rumpf, mit Schneidbrennern wird sein Bauch von innen aufgeschlitzt. Direkt daneben rücken die Arbeiter der Wyoming auf den Leib. Beide gehörten einst dem dänischen Reeder Maersk.
Dass ihre Reise ausgerechnet in Alang im Nordwesten Indiens endet, dem größten Schiffsfriedhof der Welt, ist bemerkenswert. Denn Maersk sieht sich selbst als vorbildlichen Schiffsentsorger. Und in der ohnehin schmutzigen Abwrack-Branche gilt Alang als Schmuddelkind. In der Küstenstadt werden seit 1983 Schiffe zerlegt. Seither gab es laut dem Tata Institute of Social Science mehr als 470 Todesopfer.
Besuchern bietet Alang einen traurigen Anblick: Aus Dutzenden am Strand liegenden Schiffwracks ist Öl ausgeronnen, das den Sand entlang der Küste schwarz gefärbt hat. In der Ferne versuchen Männer, eine tonnenschwere Kette zu einem Schiff zu schleppen, sie waten barfuß durch den Matsch. Dreht man sich um, blickt man auf Hütten, die aus Schrott und Müll zusammengezimmert wurden. Es ist das Zuhause von Tausenden Arbeitern.
Maersk sagt, man sei angetreten, das zu ändern – zumindest ein bisschen. Mit einer Handvoll Werften wollen die Dänen kooperieren und die Umwelt- und Arbeitsstandards erhöhen. Das wird nicht gelingen, fürchten NGOs. Geht doch, sagt Annette Stube.
Die Nachhaltigkeitschefin von Maersk steckt in einem Overall, die blonden Locken quellen aus dem Helm hervor. Vieles in Alang wirkt auch auf sie verstörend. „Wie diese Arbeiter die Kette schleppen, das sieht aus wie auf einem Foto von ,National Geographic’“, sagt sie. „Aber wir dürfen die Werften in Alang nicht über einen Kamm scheren.“